Gespräch mit Karina Wolf von RAPA

Herzlichen Dank an Frau Karin Wolf für Ihre spontane Bereitschaft, uns für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen. Frau Wolf ist seit 2012 bei RAPA beschäftigt und seit 2014 Geschäftsführerin für die kaufmännischen Belange der Firma.
Wir stellen Ihnen hier eine sinngemäße Zusammenfassung des Gesprächs von gestern zum Nachlesen zur Verfügung.

Bitte beschreiben Sie kurz für unsere Zuhörer, was RAPA macht.

RAPA hat seinen Hauptsitz im oberfränkischen Selb und zählt zu den weltweit führenden Entwicklern von hydraulischen und pneumatischen Ventilsystemen im Bereich Automotive, Industrie und Medizin. Das Unternehmen beschäftigt heute über 950 Mitarbeiter an zwei Standorten in Deutschland und den USA, ein weiterer Standort in Shanghai China ist in Planung.

Etwa 98% der Geschäftstätigkeit von RAPA liegt im Automobilbereich die anderen 2% in der Medizintechnik bzw. bei Industriekomponenten.
Als Beispiele für „Ventile im Auto“ führt Frau Wolf Getriebekomponenten für den klassischen Verbrennungsmotor, die z.B. die Start-Stopp-Funktion im Auto unterstützen. Weiterhin stellt das Unternehmen Luftfedersysteme her, die das Schaukeln außer Kraft setzen, so dass bei der Fahrt über Schlaglöcher das Schaukeln in der Fahrgastzelle oder auch das Neigeverhalten in den Kurven ausgeglichen werden.

Welche Auswirkungen hat Covid-19 auf das Unternehmen?

Bereits Ende März haben sich die ersten Auswirkungen gezeigt. Viele Kunden haben begonnen die Produktion herunterzufahren, zum einen wegen fehlender Zulieferteile, zum anderen wegen des wegbrechenden Umsatzes. Man muss sich auf die Situation flexibel und schnell einstellen und mit entsprechenden Instrumenten gegensteuern. Schnelles Reagieren ist hier Gold wert.

Aber am Ende des Jahres wird trotz aller Maßnahmen ein dramatisches Loch bleiben, auch wenn es gerade wieder anzieht. Man rechnet übers Jahr gesehen mit ca. 25% geringeren Umsätzen im Vergleich zum Plan. Die Krise 2008/2009 wurde durch Mehrumsätze im Folgejahr überkompensiert, dies zeichnet sich aber aktuell für das nächste Jahr nicht ab.

Die aktuelle Krise ist für die Automobilindustrie zweigeteilt. Einmal geht es um den Effekt von Covid-19. Parallel dazu hat die Automobilindustrie wegen der Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Antriebskonzepte bereits seit 2018 mit einer Konjunkturabschwächung zu kämpfen, die sich 2019 noch einmal verstärkt hat und die sich jetzt 2020 fortgesetzt.

Das Abreißen von Zulieferketten konnte bei RAPA durch geschickte Einkaufsstrategien zwar verhindert werden, aber durch die Notwendigkeit einer Überbevorratung wird hier auch Liquidität gebunden, die man in der Krise an anderer Stelle gut gebraucht hätte.
Daimler und VW haben ihre Produktionen nicht ursächlich wegen Covid-19 geschlossen, sondern weil Lieferketten abgerissen sind – zunächst China, dann auch die europäische.

Setzen Sie bei RAPA auch Homeoffice ein bzw. wie hat sich die Art und Weise der Arbeit verändert?

Mitarbeiter, bei denen es möglich war, konnten im Homeoffice arbeiten. Allerdings arbeitet der Hauptteil in der Produktion und dort ist Homeoffice nicht möglich. Hier wurden die Abteilungen so entzerrt, dass immer Gruppen, die nicht miteinander in Kontakt kommen im Wechsel eingesetzt werden. So bleiben im Falle einer Infektion, die notwendigen Kompetenzen immer vorhanden und es kann weitergearbeitet werden. Bei der Umsetzung der Abstandsregeln kam dem Unternehmen zugute, dass vor kurzem eine relativ große Halle fertiggestellt wurde, die kurzerhand als Behelfsbüro umfunktioniert wurde.

Die Art und Weise der Arbeit hat sich auch verändert. Vor Corona wurden ausschließlich Präsenzbesprechungen abgehalten, jetzt ist Skype prominenter geworden. Die digitalen Tools haben einen deutlichen Push nach vorne erhalten, auch auf internationaler Ebene. Das wird auch weiterhin beibehalten. Die persönlichen Treffen oder Dienstreisen werden sicher weniger werden, aber ganz abgeschafft werden Sie nicht. Es gibt immer Gespräche oder z.B. auch Kundenbesuche, bei denen man auf jeden Fall präsent sein muss.

Geht es in Zukunft schneller, ein Werk zu gründen?

Bei der aktuellen Gründung der neuen Firma in Shanghai läuft vieles digital, es gibt zahlreiche Skype-Besprechungen, auch die Bewerbungsgespräche laufen online ab. Das funktioniert alles wunderbar. Aber wenn man z. B. einen Standort sucht, muss man auf jeden Fall vor Ort sein. Andererseits muss man nicht die Auswahl eines Fußbodens für die Produktionshalle vor Ort vornehmen.

Wird in China schon alles mit der Digitalisierung abgewickelt?

Ja, aber auch in China spielt der persönliche Kontakt trotzdem eine große Rolle. Auch eine persönliche Einladung unserer chinesischen Geschäftspartner nach Deutschland ist wichtig. Alle müssen und wollen sich auf jeden Fall persönlich kennen lernen. Oder man setzt sich auch am Abend gerne zusammen, um über persönliches zu reden und um Kontakte zu pflegen. Social Networking ist großes Thema.

Was wird nach Corona bleiben?

Der gesundheitliche Schutz der Mitarbeiter wird bleiben, weil es immer irgendwelche Viren in unterschiedlichen Ausprägungen geben wird. Händewaschen, desinfizieren und Mundschutz – vor allem bei Mitarbeitern, die auf engerem Raum zusammenarbeiten – das wird beibehalten werden.

Die Digitalisierung wird verstärkt zum Einsatz kommen. Unsere Strategiemeetings waren bisher immer persönlich. Jetzt haben wir aber gelernt, dass es auch über Skype geht. Wenn man etwas entscheiden muss, ist das digital in Zukunft sicher auch schneller machbar. Die ein oder andere Reise wird sicher gestrichen werden, und es werden mehr digitale Treffen stattfinden.

Zum Thema Homeoffice sollen ja auch gesetzliche Vorgaben auf den Plan gebracht werden. Im Verwaltungsbereich für junge Familien, junge Mütter oder Väter wird es sicher verstärkt Homeoffice Möglichkeiten geben. Ein dauerhaftes Homeoffice ist allerdings eine ganz andere Kategorie als jetzt mal schnell für 2-3 Monate einen Arbeitsplatz zuhause einzurichten. Hier ist der Datenschutz sehr wichtig, es darf kein fremder Zugang möglich sein, es darf kein Durchgangsraum sein, etc.
Das wird alles wieder in den Vordergrund rücken, auch wenn es jetzt außer Acht gelassen wird.

Aber ich finde, jeder Mitarbeiter sollte auch seine Kollegen kennen und im Team arbeiten, das ist mit persönlicher Präsenz einfacher.

Wird sich die Zuliefererstruktur aus Ihrer Sicht ändern, also alles nach Europa zurück?

Nein. Aber die Zuliefererbasis wird breiter werden. Und es wird nicht nur ein Plan B, sondern auch ein Plan C und D nötig werden. Man wird sich breiter aufstellen müssen. Es wird sich nicht alles zurückholen lassen nach Europa.

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